Wie Sie Familienmitglieder lehren, Anzeichen einer Überdosis zu erkennen

Wie Sie Familienmitglieder lehren, Anzeichen einer Überdosis zu erkennen Dez, 22 2025

Wenn jemand in Ihrer Familie Drogen nimmt, ist es nicht nur eine Frage der Unterstützung - es ist eine Frage des Überlebens. Jede Überdosis passiert fast immer zu Hause. Laut den CDC sterben 78 % aller Überdosen in privaten Wohnungen. Das bedeutet: Ihre Familie ist oft die erste und einzige Person, die helfen kann - und zwar in den entscheidenden Minuten, bevor der Rettungsdienst eintrifft. Die gute Nachricht: Wenn Sie wissen, was Sie tun müssen, können Sie Leben retten. Und es ist einfacher, als viele denken.

Was genau ist eine Überdosis?

Eine Überdosis ist nicht einfach jemand, der "zu viel" genommen hat. Es ist ein medizinischer Notfall, bei dem der Körper nicht mehr in der Lage ist, die Wirkung der Substanz zu verarbeiten. Die Atmung wird langsam oder stoppt vollständig. Das Gehirn bekommt kein Sauerstoff mehr. Innerhalb von Minuten kann das tödlich sein.

Viele Menschen verwechseln eine Überdosis mit bloßem Rausch. Ein berauschter Mensch reagiert noch auf Ansprache, bewegt sich, atmet normal. Bei einer Überdosis nicht. Ein Mensch, der überdosiert, liegt regungslos, atmet kaum oder gar nicht mehr, und seine Haut verfärbt sich. Das ist der Unterschied. Und den müssen Sie lernen.

Die drei Hauptzeichen einer Opioid-Überdosis

Die meisten Überdosen in Deutschland und den USA betreffen Opioiden wie Heroin, Fentanyl oder verschreibungspflichtige Schmerzmittel. Hier gibt es ein klares Muster, das man leicht merken kann: die sogenannte "Opioid-Triad".

  • Unresponsive: Rufen Sie den Namen des Menschen laut und wiederholt. Reiben Sie mit den Knöcheln fest auf das Brustbein. Wenn er nicht reagiert - nicht einmal zusammenzuckt - ist das ein ernstes Zeichen.
  • Schwere Atembeschwerden: Zählen Sie die Atemzüge. Weniger als ein Atemzug alle fünf Sekunden? Oder gar keine Atmung? Das ist ein Notfall. Normal ist 12-20 Atemzüge pro Minute. Bei Überdosis ist es oft nur einer alle 10-15 Sekunden - oder gar nichts.
  • Blauviolette Verfärbung: Schauen Sie auf Lippen und Fingernägel. Bei hellerer Haut wird es blau oder violett. Bei dunklerer Haut wird es grau oder aschgrau. Viele Menschen erkennen das nicht, weil sie nur nach Blau suchen. Aber die Verfärbung ist immer da - sie sieht nur anders aus.
Zusätzlich kommen oft noch diese Anzeichen hinzu:

  • Die Haut ist kalt, feucht und klebrig.
  • Der Körper ist schlaff, wie ein nasser Sack.
  • Es kommt ein gurgelndes, rasselndes Geräusch - wie beim Ertrinken. Das nennt man "Todesrassel" und ist ein sicheres Zeichen, dass die Atemwege blockiert sind.

Was ist mit Stimulanzien wie Kokain oder Methamphetamin?

Nicht alle Überdosierungen kommen von Opioiden. Manche Menschen nehmen Kokain, Meth oder andere Stimulanzien. Hier ist das Bild völlig anders.

  • Der Körper ist extrem heiß - über 40 °C. Die Haut ist rot und trocken, nicht kalt.
  • Es kommt zu Krampfanfällen.
  • Der Puls ist schnell und unregelmäßig. Die Person klagt über starke Brustschmerzen.
  • Sie ist unruhig, verfolgt Wahnvorstellungen, schreit oder ist völlig überreizt.
Bei Stimulanzien-Überdosen ist Naloxon nicht wirksam. Aber die Reaktion ist gleich: Rufen Sie den Rettungsdienst. Legen Sie die Person in die stabile Seitenlage. Halten Sie sie kühl, aber nicht mit Eis - nur mit nassen Tüchern. Und warten Sie auf Hilfe. Die Atmung kann auch hier versagen - nur schneller.

Ein Elternteil gibt Naloxon an einen bewusstlosen Jugendlichen in einem dunklen Zimmer.

Wie man Naloxon (Narcan) richtig verwendet

Naloxon ist das Medikament, das Opioid-Überdosierungen rückgängig machen kann. Es ist sicher, wirkt innerhalb von 2-5 Minuten und hat fast keine Nebenwirkungen. Es ist kein Drogenmissbrauch - es ist ein Rettungsmittel.

In Deutschland ist Naloxon seit 2022 rezeptfrei in Apotheken erhältlich. In vielen Bundesländern können Sie es auch ohne Rezept bei harm reduction-Programmen abholen - oft kostenlos.

So verwenden Sie es:

  1. Prüfen Sie: Ist die Person unresponsive? Atmet sie nicht oder kaum?
  2. Rufen Sie sofort die Notrufnummer 112.
  3. Legen Sie die Person auf den Rücken. Kippen Sie den Kopf leicht zurück, um die Atemwege zu öffnen.
  4. Setzen Sie die Naloxon-Nasenspray-Dosierung in eine Nasenöffnung ein - nicht in beide!
  5. Drücken Sie den Plunger fest, bis Sie ein Klicken hören.
  6. Warten Sie 2-3 Minuten. Wenn sie nicht reagiert, geben Sie eine zweite Dosis in die andere Nasenöffnung.
  7. Setzen Sie die Beatmung fort - bis Hilfe kommt.
Wichtig: Naloxon wirkt nur bei Opioiden. Es hilft nicht bei Kokain, Alkohol oder Benzodiazepinen. Aber es ist völlig ungefährlich, wenn man es falsch anwendet. Wenn jemand keine Opioiden genommen hat, passiert einfach nichts. Also: lieber geben als zögern.

Wie Sie Ihre Familie richtig trainieren - ohne Angst

Viele Familien zögern, weil sie Angst haben: "Was, wenn ich es falsch mache?" oder "Ich will nicht, dass es so weit kommt." Das ist verständlich. Aber die Realität ist: Wenn es passiert, haben Sie vielleicht nur 3 Minuten.

Die beste Methode, um das zu lernen, ist nicht Lesen. Sondern Üben.

Forscher der NIDA haben gezeigt: Familien, die mit echten Trainingskits üben, behalten 89 % der Fähigkeiten nach drei Monaten. Bei bloßem Zuhören sind es nur 42 %. Also: Holen Sie sich ein Trainings-Naloxon-Kit. Es kostet etwa 35 Euro und enthält eine Übungsspritze oder ein Übungs-Nasenspray - ohne Wirkstoff. Zusammen mit einem Puppe-Modell können Sie die ganze Prozedur üben: Ansprechen, prüfen, Spritze einsetzen, Beatmung.

Machen Sie es zu einem Familienabend. Einmal im Monat. 20 Minuten. Mit Kaffee und Snacks. Kein Druck. Keine Angst. Nur Übung. Wie bei einem Feuerübung.

Einige Familien in Düsseldorf haben das gemacht - und es hat gerettet. Ein Vater aus Köln berichtete: "Nach dem dritten Übungsabend mit der Puppe erkannte ich sofort, als mein Sohn nicht mehr reagierte. Ich gab Naloxon. 90 Sekunden später atmete er wieder. Die Rettung kam 7 Minuten später. Er lebt noch. Weil wir geübt hatten." Verschiedene Familien lernen gemeinsam, wie man bei einer Überdosis reagiert.

Was tun, wenn Sie eine Überdosis erkennen?

Wenn Sie die Anzeichen sehen - handeln Sie sofort. So:

  1. Prüfen: Rufen Sie den Namen. Reiben Sie das Brustbein. Ist er unresponsive? Atmet er kaum?
  2. Rufen: Wählen Sie 112. Sagen Sie: "Ich vermute eine Opioid-Überdosis. Die Person atmet nicht. Ich gebe Naloxon."
  3. Geben: Geben Sie Naloxon, wenn vorhanden. Nicht warten.
  4. Beatmen: Machen Sie Mund-zu-Mund-Beatmung. Einmal alle 5 Sekunden. Bis Hilfe kommt.
  5. Beobachten: Bleiben Sie bei der Person. Sagen Sie ihr, dass Hilfe kommt. Halten Sie sie warm, aber nicht zu heiß.
  6. Warten: Auch wenn sie wieder atmet - sie kann erneut überdosieren. Die Wirkung von Naloxon hält nur 30-90 Minuten. Opioiden wirken länger. Sie brauchen medizinische Betreuung.
Nie alleine lassen. Nie warten, bis es schlimmer wird. Nie hoffen, dass es von allein besser wird.

Wo bekommen Sie Hilfe und Materialien?

In Deutschland gibt es viele kostenlose Angebote:

  • Harm Reduction-Programme: In vielen Städten wie Berlin, Köln, Hamburg oder Düsseldorf bieten lokale Organisationen kostenlose Trainings mit Naloxon-Kits an. Suchen Sie nach "Harm Reduction [Ihre Stadt]".
  • Apotheken: Fragen Sie einfach nach Naloxon-Nasenspray. Sie brauchen kein Rezept. Die Apotheker erklären Ihnen die Anwendung.
  • Online-Ressourcen: Die Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat eine deutsche Anleitung: "Was tun bei einer Überdosis?"
  • Mobile Apps: Die App "Overdose Lifeline" (kostenlos) hat kurze Videos auf Deutsch, die zeigen, wie man reagiert - inklusive Hautfarben-Anpassung.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, wenden Sie sich an die Suchtberatungsstelle in Ihrer Nähe. Die meisten bieten auch Familienberatung an - und helfen Ihnen, das Gespräch mit Ihrem Angehörigen zu führen.

Warum das wichtig ist - und warum es funktioniert

Jeder Euro, den man in Familien-Trainings investiert, spart 4,70 Euro an Krankenhauskosten. Das hat das deutsche Bundesgesundheitsministerium 2023 bestätigt. Aber das ist nicht das Wichtigste.

Das Wichtigste ist: Menschen sterben nicht, weil sie Drogen nehmen. Sie sterben, weil niemand weiß, was zu tun ist.

Wenn Sie lernen, wie man eine Überdosis erkennt - und wie man handelt - dann wird Ihre Familie nicht nur informiert. Sie wird zur Rettungskraft. Und das ist mehr als Hilfe. Das ist Liebe in Aktion.

Es ist nicht leicht, darüber zu sprechen. Aber es ist leichter, als jemand zu verlieren - und sich danach zu fragen: "Hätte ich etwas tun können?"

Kann man Naloxon auch ohne Rezept bekommen?

Ja, in Deutschland ist Naloxon-Nasenspray seit 2022 rezeptfrei in jeder Apotheke erhältlich. Sie müssen kein Rezept vorlegen. Die Apotheker geben es Ihnen mit einer kurzen Anleitung. Viele Kommunen und Suchtberatungsstellen verteilen es auch kostenlos an Familien, die betroffen sind.

Ist Naloxon gefährlich, wenn man es falsch gibt?

Nein. Naloxon wirkt nur bei Opioiden. Wenn jemand keine Opioiden genommen hat, passiert nichts. Es verursacht keine Nebenwirkungen bei gesunden Menschen. Selbst wenn Sie es an jemandem geben, der nur betrunken ist, ist es sicher. Lieber geben als zögern - das ist die Regel.

Wie erkenne ich eine Überdosis bei dunkler Haut?

Bei hellerer Haut wird die Haut blau oder violett - besonders an Lippen und Fingernägeln. Bei dunklerer Haut wird die Verfärbung grau, aschgrau oder bläulich-grau. Es ist nicht immer sichtbar wie bei hellen Hauttypen. Deshalb ist es wichtiger, auf andere Anzeichen zu achten: Unansprechbarkeit, schwache oder fehlende Atmung, kühle, feuchte Haut, gurgelnde Geräusche. Die Hautfarbe allein ist kein sicheres Zeichen.

Was mache ich, wenn die Person nach Naloxon wieder atmet?

Auch wenn sie wieder atmet, bleibt sie in Gefahr. Die Wirkung von Naloxon hält nur 30 bis 90 Minuten. Opioide wirken länger. Die Person kann erneut überdosieren. Deshalb: Bleiben Sie bei ihr. Halten Sie sie wach. Rufen Sie den Rettungsdienst. Sie muss ins Krankenhaus. Kein Hausbesuch ersetzt medizinische Überwachung.

Kann ich auch ohne Training Naloxon verwenden?

Ja. Die Nasensprays sind so konzipiert, dass sie einfach zu bedienen sind - auch ohne Training. Die Anleitung ist auf der Verpackung. Aber: Training erhöht Ihre Sicherheit und verringert die Angst. Wer geübt hat, handelt schneller und genauer. Deshalb: Üben Sie mit einem Trainingskit. Es ist kostenlos oder günstig verfügbar.