SSRI-bedingte sexuelle Dysfunktion: Dosisanpassung, Wechsel und Zusatztherapien
Nov, 14 2025
SSRI-Sexual-Dysfunktion-Berater
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Wenn du eine SSRI-Antidepressivum wie Sertralin, Citalopram oder Paroxetin einnimmst, um deine Depression zu behandeln, ist es wahrscheinlich, dass du auch sexuelle Probleme bekommst. Bis zu 70 % der Patienten leiden unter reduzierter Libido, verzögertem oder fehlendem Orgasmus, Erektionsstörungen oder trockener Vagina - oft schon nach zwei bis vier Wochen. Das ist kein seltenes Nebenwirkungsphänomen. Es ist die häufigste Ursache, warum Menschen ihre Antidepressiva absetzen. Und viele Ärzte sprechen darüber nicht, bis der Patient selbst nachfragt.
Warum genau passiert das?
SSRIs erhöhen die Serotonin-Konzentration im Gehirn - das hilft, die Stimmung zu stabilisieren. Aber Serotonin spielt auch eine zentrale Rolle bei der sexuellen Erregung. Zu viel davon hemmt die Dopamin- und Noradrenalin-Systeme, die für Lust, Erregung und Orgasmus verantwortlich sind. Das ist kein Zufall. Es ist eine direkte pharmakologische Wirkung. Du bekommst nicht nur weniger Lust - du bekommst auch weniger Kontrolle über den Orgasmus. Manche fühlen sich, als ob ihr Körper nicht mehr richtig mitmacht. Das ist nicht „nur psychologisch“. Es ist biologisch verankert.Dosis reduzieren: Die einfache Lösung?
Viele Patienten denken: „Wenn ich weniger nehme, wird es besser.“ Und oft stimmt das. Eine Dosisreduktion um 25 bis 50 % verbessert die sexuelle Funktion bei 40 bis 60 % der Menschen - ohne dass die antidepressive Wirkung komplett verloren geht, besonders bei leichter bis mittelschwerer Depression. Das funktioniert gut mit Citalopram, Escitalopram oder Sertralin. Aber nicht mit Fluoxetin. Der hat eine Halbwertszeit von mehr als 14 Tagen. Wenn du die Dosis reduzierst, bleibt genug im Körper, um weiterhin die sexuelle Hemmung zu verursachen. Hier hilft keine Dosisanpassung.Drug Holiday - eine Pause für das Leben
Ein „Drug Holiday“ bedeutet: Du lässt die Medikamente für 48 bis 72 Stunden weg, bevor du sexuell aktiv sein willst. Das funktioniert bei SSRIs mit kurzer Halbwertszeit - also Sertralin, Citalopram, Escitalopram oder Paroxetin. Studien zeigen: Bis zu 70 % der Patienten mit Orgasmusstörung profitieren davon. Aber: Es gibt einen Haken. Wenn du das zu oft machst, oder plötzlich absetzt, kannst du Entzugssymptome bekommen: Schwindel, Übelkeit, Angst, Schlafstörungen. Bis zu 20 % der Patienten erleben das. Und es funktioniert nicht, wenn du Fluoxetin nimmst. Der wirkt einfach zu lange. Also: Nur bei kurzwirksamen SSRIs, nur geplant, nur gelegentlich. Keine Selbstmedikation.Antidepressivum wechseln: Bupropion als Alternative
Wenn Dosisanpassung und Pausen nicht helfen, kommt der Wechsel aufs Tablett. Und hier gibt es eine klare Favoritin: Bupropion. Es wirkt nicht über Serotonin, sondern über Dopamin und Noradrenalin - genau die Neurotransmitter, die für Lust und Erregung wichtig sind. Wenn du von einem SSRI auf Bupropion wechselst, verbessern sich die sexuellen Funktionen bei 60 bis 70 % der Patienten. Das ist die höchste Erfolgsquote unter allen Wechseloptionen. Aber: Es gibt Risiken. Bei schwerer Depression steigt das Rückfallrisiko auf 25 bis 30 % - gegenüber 10 bis 15 %, wenn du das SSRI weiter nimmst. Außerdem: Bupropion kann Angstzustände verstärken, besonders wenn du es mit Fluoxetin kombinierst. Viele Patienten berichten von Panikattacken innerhalb von 48 Stunden.
Zusatztherapie: Bupropion als Ergänzung
Du willst nicht das SSRI absetzen? Dann nimm Bupropion dazu. Das ist die am besten erforschte Strategie. In einer kontrollierten Studie mit 55 Patienten, die ein SSRI einnahmen, verbesserte sich die sexuelle Funktion bei 66 % derjenigen, die täglich 150 mg Bupropion SR (langsam freigesetztes) zusätzlich nahmen. Bei „as-needed“-Einnahme - also 75 mg kurz vor dem Sex - waren es nur 38 %. Das heißt: Für dauerhafte Verbesserung brauchst du tägliche Einnahme. Die Dosis startest du mit 75 mg täglich, steigerst nach drei Tagen auf 75 mg zweimal täglich. Die volle Wirkung tritt nach vier Wochen ein. Aber: 20 bis 25 % der Patienten entwickeln mehr Angst oder Unruhe. Wenn du schon unter Angst leidest, ist das kein guter Weg.Andere Zusatzmittel: Was funktioniert?
Neben Bupropion gibt es noch andere Optionen. Buspiron, ein 5-HT1A-Partialagonist, hilft 45 bis 55 % der Patienten. Es wirkt langsam - zwei bis drei Wochen - aber hat kaum Nebenwirkungen. Nur 5 bis 10 % brechen die Therapie ab. Cyproheptadin, ein Serotonin-Antagonist, hilft auch bei 50 %, aber macht schläfrig - bei 35 bis 40 %. Ropinirole und Amantadin, Dopamin-Agonisten, wirken schneller (48 bis 72 Stunden), aber können Zittern oder Unruhe auslösen, besonders bei Kombination mit Fluoxetin. Sie sind nicht für jeden geeignet. Und Mirtazapin oder Nefazodon? Beide hemmen 5-HT2A-Rezeptoren und verbessern die sexuelle Funktion bei 50 bis 60 %. Aber Mirtazapin macht schwer und müde - das kann bei Depressionen noch schlimmer sein.Was ist mit neuen Antidepressiva?
Es gibt neue Medikamente, die weniger sexuelle Nebenwirkungen haben: Vilazodon (Viibryd) und Vortioxetin (Trintellix). Studien zeigen, dass sie 25 bis 30 % weniger sexuelle Probleme verursachen als klassische SSRIs. Klingt perfekt. Aber: Vilazodon kostet 450 Euro im Monat. Sertralin als Generikum: 10 Euro. Die meisten Patienten können sich das nicht leisten. Und: Sie sind nicht immer wirksamer bei schwerer Depression. Sie sind eine Option - aber keine Allheilmittel.Was ist mit persistierender sexueller Dysfunktion?
Einige Patienten berichten: Nach dem Absetzen des SSRI bleibt die sexuelle Dysfunktion - Monate, manchmal Jahre. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) und die Australische TGA haben Warnungen herausgegeben. In einer Online-Umfrage von 1.200 Betroffenen gaben 37 % an, dass ihre Symptome länger als sechs Monate anhielten. Aber: Wissenschaftler wie Tarchi (2023) warnen: Es gibt kaum belastbare Studien. Die meisten Daten kommen aus Selbstberichten. Vielleicht liegt es nicht nur am Medikament - vielleicht liegt es an Depression, Stress, Beziehungsproblemen, die nach dem Absetzen noch da sind. Die Forschung ist noch nicht fertig. Aber: Du solltest es wissen. Wenn du überlegst, abzusetzen, rede mit deinem Arzt über dieses Risiko.
Was hilft außer Medikamenten?
Manchmal hilft es, die Medikamente nicht zu ändern - sondern die Sexualität neu zu lernen. „Sensate Focus“-Übungen, bei denen Paare sich ohne Druck berühren, ohne Ziel, nur um zu spüren, verbessern die sexuelle Zufriedenheit bei 50 % der Paare, auch wenn das SSRI weiterhin eingenommen wird. Viele Patienten berichten, dass sie durch neue Aktivitäten, andere Umgebungen, mehr Kommunikation mit dem Partner, wieder Lust spüren. Der Orgasmus ist nicht das einzige Ziel. Das Gefühl von Nähe, Berührung, Entspannung - das zählt auch. Und: Du bist nicht allein. Die Online-Community „SSRI Stories“ hat über 15.000 Mitglieder. Sie tauschen Erfahrungen aus - was half, was nicht. Das ist wertvoller als jeder Artikel.Was solltest du tun?
1. Rede frühzeitig: Sprich mit deinem Arzt über sexuelle Nebenwirkungen, bevor du das SSRI startest. Nicht alle tun das. Aber du kannst es verlangen.2. Verwende Skalen: Die Arizona Sexual Experience Scale oder die Antidepressant Sexual Dysfunction Inventory helfen, Probleme messbar zu machen. Notiere: Wann begann es? Wie stark ist es? Hat es sich verändert?
3. Starte mit der einfachsten Lösung: Bei kurzwirksamen SSRIs: Versuch einen Drug Holiday. Bei leichter Depression: Reduziere die Dosis. Bei schwerer Depression: Bupropion als Zusatz.
4. Vermeide Selbstexperimente: Keine plötzlichen Absetzversuche. Keine Kombination ohne Absprache. Bupropion + Fluoxetin = Risiko für Angstattacken.
5. Denk langfristig: Es geht nicht nur um Sex. Es geht darum, dass du die Medikamente weiter nimmst. Wenn du sie absetzt, weil die Nebenwirkungen zu groß sind, riskierst du einen Rückfall. Die beste Therapie ist die, die du einhältst.
Frequently Asked Questions
Kann ich mein SSRI einfach absetzen, wenn die sexuellen Probleme zu stark sind?
Nein. Ein plötzliches Absetzen kann zu Entzugssymptomen führen - Schwindel, Übelkeit, Angst, Schlafstörungen. Es kann auch zu einem Rückfall der Depression kommen. Sprich immer mit deinem Arzt. Er kann dir helfen, die Dosis langsam zu reduzieren oder eine andere Strategie zu finden.
Warum hilft Bupropion bei SSRI-bedingter sexueller Dysfunktion?
Bupropion wirkt nicht über Serotonin, sondern über Dopamin und Noradrenalin - genau die Neurotransmitter, die für Lust, Erregung und Orgasmus wichtig sind. SSRIs hemmen diese Systeme. Bupropion hebt sie wieder an. Deshalb verbessert es die sexuelle Funktion bei 60 bis 70 % der Patienten, wenn es als Zusatz oder Ersatz eingesetzt wird.
Wie lange dauert es, bis Bupropion als Zusatz wirkt?
Die volle Wirkung tritt meist nach vier Wochen ein. Du beginnst mit 75 mg täglich, steigerst nach drei Tagen auf 75 mg zweimal täglich. Die tägliche Einnahme ist entscheidend - „as-needed“ (nur vor dem Sex) hilft nur bei 38 %, nicht bei 66 % wie bei täglicher Einnahme.
Ist ein Drug Holiday bei Fluoxetin möglich?
Nein. Fluoxetin hat eine Halbwertszeit von über 14 Tagen. Selbst wenn du zwei Tage pausierst, ist noch genug Medikament im Körper, um die sexuelle Funktion zu hemmen. Drug Holidays funktionieren nur bei SSRIs mit kurzer Halbwertszeit wie Sertralin, Citalopram oder Paroxetin.
Gibt es natürliche Mittel, die helfen?
Es gibt keine bewiesenen natürlichen Mittel, die SSRI-bedingte sexuelle Dysfunktion zuverlässig behandeln. Manche berichten von Ginseng, Maca oder L-Arginin - aber es gibt keine kontrollierten Studien, die das belegen. Vermeide Selbstmedikation. Sprich mit deinem Arzt über sichere, bewährte Optionen.
Wie oft sollte mein Arzt meine sexuelle Funktion überprüfen?
Die American Psychiatric Association empfiehlt, die sexuelle Funktion monatlich zu überprüfen, besonders in den ersten drei Monaten nach Beginn der SSRI-Therapie. Nutze standardisierte Skalen wie die Arizona Sexual Experience Scale. Wenn dein Arzt das nicht tut, frage aktiv danach. Dein Wohlbefinden zählt genauso wie deine Stimmung.
Was ist mit neuen Antidepressiva wie Vortioxetin?
Vortioxetin und Vilazodon verursachen tatsächlich weniger sexuelle Probleme als klassische SSRIs - etwa 25 bis 30 % weniger. Aber sie sind teuer (bis zu 450 Euro im Monat) und nicht immer wirksamer bei schwerer Depression. Sie sind eine Option, wenn andere Strategien scheitern - aber nicht die erste Wahl wegen der Kosten.
Kann sexuelle Dysfunktion nach dem Absetzen von SSRIs dauerhaft bleiben?
Ja, in seltenen Fällen bleibt die Dysfunktion Monate oder Jahre nach dem Absetzen bestehen. Die TGA und die EMA haben Warnungen herausgegeben. Aber: Es ist unklar, ob das wirklich vom Medikament kommt oder durch andere Faktoren wie Depression, Stress oder Beziehungskonflikte verursacht wird. Forschung dazu ist begrenzt. Dennoch: Es ist wichtig, dieses Risiko vor dem Absetzen zu kennen.
Gerd Leonhard
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